3. Exponentialfunktion und Logarithmus ====================================== Die Exponentialfunktion exp(x)=e^x ist streng monoton steigend und ueberall >0. Die Logarithmusfunktion ln(x) ist ihre Umkehrfunktion und ebenfalls streng monoton steigend, aber nur fuer positive Zahlen definiert. NB: Wir setzen hier voraus, dass die e-Funktion exp(x)=e^x aus der Schule bekannt ist. Moechte man sie rigoros definieren, so bietet sich die bereits erwaehnte Exponentialreihe an: exp(x):=sum(x^n/n!,n=0..oo). Wir zeigen hier exemplarisch, dass die Exponentialreihe die "Funktionalgleichung" der Exponentialfunktion erfuellt: Satz: Sei f(x) = sum(x^n/n!,n=0..oo). Es gilt fuer alle x,y:RR, dass f(x+y)=f(x)f(y). Beweis: Es ist f(x)f(y) = (sum(x^k/k!,k=0..oo))(sum(y^n/n!,n=0..oo) = (1+x+x^2/2+x^3/6+...+x^k/k!+... )(1+y+y^2/2+y^3/6+...+y^n/n!+...) = (1 + x+y + x^2/2+xy+y^2/2 + x^3/6+x^2y/2+xy^2+xy^2/2+y^3/6+...+x^ky^n/(k!n!)+..)= /*1*/ sum(sum(x^k y^(m-k) / k!(m-k)!,k=0..m),m=0..oo) = /*2*/ sum((x+y)^m/m!,m=0..oo) = f(x+y) Die Gleichung /*1*/ (und die davor) sortieren die Produkte nach dem Ausmultiplizieren nach ihrem Grad (Summe der x- und y-Potenzen). Solches Umsortieren ist bei absoluter Konvergenz zulaessig (die hier ja vorliegt). Die Gleichung /*2*/ beruht auf dem binomischen Lehrsatz (x+y)^m = sum(x^k y^(m-k) m!/(k! (m-k)!), k=0..m) Diese Methode kann man auf beliebige absolut konvergente Reihen verallgemeinern ("Cauchy Produkt"). Satz: Konvergieren a = sum(a_k,k=0..oo) und b = sum(b_n,n=0..oo) absolut, so gilt: a b = sum(a_k,k=0..oo) sum(b_n,n=0..oo) = sum(sum(a_k b_(m-k),k=0..m),m=0..oo) Fehlt die absoluter Konvergenz, so gilt diese Formel im allgemeinen nicht. 3.1 Potenz- und Logarithmusgesetze ---------------------------------- Es gelten die folgenden Potenzgesetze a^(u+v) = a^u*a^v a^(u-v) = a^u/a^v a^(uv) = (a^u)^v a^(u/v) = a^u^{1/v} a^0 = 1 Zur Erinnerung: a^n = a*...*a (n Faktoren), wenn n:NN a^(-n) = 1 / a^n a^{p/q} = q-te Wurzel aus a^p Aus den Potenzgesetzen ergeben sich die Rechenregeln fuer Logarithmen: ln(xy) = ln(x)+ln(y) ln(x/y) = ln(x)-ln(y) ln(x^y) = y*ln(x) ln(1) = 0 Ausserdem gilt: a^u = exp(ln(a^u)) = exp(u*ln(a)). Formal nimmt man dies als *Definition* der allgemeinen Potenz. Es gibt auch Logarithmen zu anderen Basen als e: log_a ist die Umkehrfunktion zu a^x und es gilt: log_a(x) = ln(x) / ln(a). 3.2 Grenzwerte mit exp und ln ----------------------------- lim exp(x)/x^n = oo x->oo Die Exponentialfunktion waechst mit x->oo staerker als jede Potenz. Anschaulicher Beweis: exp(x) = sum(1/k!*x^k,k=0..oo) >= 1/(n+1)! x^(n+1), aber lim 1/(n+1)!*x^(n+1)/x^n = oo x->oo lim ln(x)/x^n = 0 x->oo Der Logarithmus waechst langsamer als jede Potenz. Anschaulicher Beweis: lim ln(x)/x^n = lim ln(exp(y))/exp(y)^n = lim y/exp(ny) = 0 x->oo y->oo y->oo Bemerkung: das gilt auch fuer n ersetzt durch irgendein alpha>0, z.B. alpha=1/2. Ebenso: lim x^alpha * ln(x) = 0 x->0+ fuer alpha>0, denn lim x^alpha * ln(x) = lim ln(1/x)/x^alpha = 0 x->0+ x->oo lim (exp(x)-1) / x = 1 x->0 Anschaulicher Beweis: Fuer x->0 ist 1+x+x^2/2 <= exp(x) <= 1+x+x^2 (Exponentialreihe). Zieht man auf beiden Seiten 1 ab, teilt durch x und nimmt den Grenzwert x->0, so erhaelt man das Ergebnis. lim x*ln(x) = lim exp(-y)*ln(exp(-y)) = - lim y/exp(y) = 0 x->0+ y->oo y->oo 3.3 Die Landau-Symbole ---------------------- Man schreibt auch exp(x) = 1+x+O(x^2) fuer x->0 wobei O(x^2) eine Funktion bezeichnet, die höchstens so stark waechst (hier fuer x->0) wie ein festes Vielfaches von x^2. Das *Landau-Symbol* O(f(x)) bezeichnet, bzgl eines bestimmten Grenzuebergangs x->a, eine beliebige Funktion g mit |g(x)| <=c*|f(x)| fuer ein festes c>0 und x->a. Meist ist der zugrundeliegende Grenzuebergang x->0 oder x->oo. Falls lim |g(x)|/|f(x)| existiert (also insbes nicht oo ist), x->a so folgt g(x)=O(f(x)). In manchen Faellen gilt aber die O-Beziehung, ohne dass der Grenzwert existiert. Beispiel: sin(x) = O(1) fuer x->oo, denn |sin(x)|<=1, aber lim sin(x) existiert nicht fuer x->oo. Man schreibt auch ln(x) = o(x^n) fuer x->oo zum Zeichen, dass ln(x) schwaecher waechst als jede Potenz von x. Allgemein bezeichnet das *Landau-Symbol* o(f(x)) bezeichnet, bzgl eines bestimmten Grenzuebergangs x->a, eine beliebige Funktion g mit |g(x)| <=c*|f(x)| fuer alle c>0 und x->a. Es gilt g(x)=o(f(x)) genau dann, wenn lim |g(x)|/|f(x)| = 0. Mit den Landau-Symbolen lassen sich Rechnungen mit Grenzwerten bisweilen vereinfachen. Z.B. lim (exp(x)-1)/x = lim (x+O(x^2))/x = 1 x->0 lim x*ln(x)/x = x*o(x) = 0 x->oo Die Landau Symbole verstehen sich immer bezueglich eines bestimmten Grenzuebergangs. So ist ln(x) = O(x-1) fuer x->1 aber nicht fuer x->0, denn lim ln(x)=-oo x->0 Ebenso ist ln(x)=o(1/x^alpha) fuer x->0+, aber natuerlich nicht fuer x->oo. Das Gleichheitszeichen bei der O-Notation ist auch eher eine Elementbeziehung, als eine echte Gleichheit, insbesondere nicht transitiv: x+1=O(x), x=O(x), aber natuerlich nicht x+10x.