Analysis-WS16-01
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1 Folgen und Reihen =================== 1.1 Grenzwert einer Folge ------------------------- lim 1/n = 0 n->oo lim 1/(n+1) = 0 n->oo lim n/(n+1) = lim (n+1-1)/(n+1) = lim 1 - 1/(n+1) = 1 n->oo n->oo n->oo lim n / 2^n = 0 n->oo Formal: Eine Folge (a_n)_n ist eine Funktion NN->RR, also fuer jedes n:NN eine reelle Zahl a_n. Man schreibt lim a_n = a, n->oo falls fuer jedes epsilon>0 ein N:NN (hier steht NN fuer die Menge der natuerlichen Zahlen. Analog RR, QQ, CC) existiert, so dass |a_n - a| <= epsilon fuer alle n>N. "Fuer genuegend grosses n kommen die Folgenglieder dem Grenzwert beliebig nahe.". Man sagt, a sei der Grenzwert oder Limes der Folge (a_n)_n. Wir beweisen, dass lim 1/n = 0: n->oo Sei epsilon>0 vorgegeben. Waehle N so, dass epsilon > 1/N Dann ist |1/n| < 1/N < epsilon fuer alle n>N. Wir beweisen, dass lim n/2^n = 0 n->oo Fuer n>3 ist n^2 <= 2^n. (gilt fuer n=4. Falls fuer festes n gueltig, dann auch fuer n+1: (n+1)^2 = n^2+2n+1 <= 2^n+2n+1 <= 2^n + 2^n = 2^(n+1)). Sei jetzt epsilon>0 vorgegeben. Waehle N so dass 1/N<epsilon und N>3. Wenn n>N, dann ist n/2^n <= n/ n^2 = 1/n < epsilon. Alternativ: 0 <= lim n/2^n <= lim n/n^2 = lim 1/n = 0 n->oo n->oo n->oo Grundlage fuer letzteres ist folgender Satz: Gilt a <= a_n <= b_n und ist lim b_n = a, so folgt lim a_n = a n->oo n->oo Beweis: Sei N:NN vorgegeben und epsilon > 0 so gewaehlt, dass |b_n-b|<epsilon fuer alle n>N. Dann ist auch |a_n-a|<epsilon fuer alle n>N. Dasselbe epsilon "hilft" also auch fuer den Grenzwert der a_n. Achtung: Ein Grenzwert muss nicht existieren, z.B. lim (-1)^n existiert nicht n->oo lim n existiert auch nicht, aber man kann schreiben lim n = oo n->oo n->oo und sagt, die Folge (a_n)_n mit a_n=n divergiert bestimmt gegen oo. Hingegen divergiert die Folge ((-1)^n)_n unbestimmt, wie man sagt. Grenzwerte vertauschen mit den Grundrechenarten und anderen Operationen, so gilt zum Beispiel lim (1+n)/n = lim 1+1/n = 1 und lim 2^(1/n) = 2^0 = 1. n->oo n->oo n->oo 1.2 Summen ---------- Ist (a_k)_k eine Folge und n,N : NN, so definiert man N __ > a_k := a_n + a_(n+1) + ... + a_N -- k=n meistens ist n=0 oder n=1. Wir schreiben auch sum(a_k,k=n..N). Natuerlich koennen die Indizes (also k) auch anders heissen. sum(k,k=n..n) = a_n sum(k,k=n..N) = 0 für n > N nach Konvention Es gilt: sum(k,k=1..n) = 1 + 2 + 3 + ... + n = n*(n+1) / 2 sum(q^k,k=0..n) = (q^(n+1) - 1) / (q - 1) sum(k^2,k=1..n) = 1/6*n(n+1)(2n+1) Nicht immer kann man eine "geschlossene Form" finden, z.B. laesst sich H_n := sum(1/k, k=1..n) nicht wesentlich vereinfachen. Man nennt H_N die n-te harmonische Zahl. 1.3 Teleskopsummen ------------------ Ist (a_n)_n eine Folge, und gilt b_n = a_n - a_(n-1) fuer n>0, so folgt sum(b_n,n=1..N) = a_1 - a_0 + a_2 - a_1 + a_3 - a_2 + ... + a_N - a_(N-1) = a_N - a_0. Solch eine Summe heisst Teleskopsumme. Man kann damit interessante Summenformeln herleiten: n^3 - (n-1)^3 = 3n^2-3n+1 (binomische Formel) Also gilt: sum(3k^2-3k+1,k=1..n) = n^3 Es folgt sum(3k^2-3k,k=1..n) = n^3 - n sum(3k^2,k=1..n) = n^3 - n - 3/2 n(n+1) sum(k^2,k=1..n) = 1/3(n^3 - n - 3/2 n(n+1)) = 1/6*n(n+1)(2n+1) Weiteres Beispiel: q^n-q^(n-1) = q^(n-1)*(q-1). Also gilt: sum(q^(k-1)*(q-1),k=1..n) = q^n - 1 Es folgt sum(q^(k-1),k=1..n) = (q^n-1)/(q-1) sum(q^k,k=0..n-1) = (q^n-1)/(q-1) /* Umbenennung der Laufvariablen */ sum(q^k,k=0..n) = (q^n-1)/(q-1) + q^n = (q^(n+1) - 1) / (q - 1) Und noch ein Beispiel: 1/(k*(k+1)) = 1/k - 1/(k+1) /* a_k = - 1/(k+1) */ Also ist sum(1/(k*(k+1)),k=1..n) = 1 - 1/(n+1) 1.4 Reihen ---------- Ist (a_k)_k eine Folge, so definiert man oo N __ __ > a_n := lim > a_n -- N->oo -- n=n_0 n=n_0 und schreibt wie immer auch sum(a_n, n=n_0..oo). Ein Ausdruck dieser Form heisst Reihe. Meist ist n_0 = 0 oder 1. Wie jeder Grenzwert kann solch eine Reihe auch (bestimmt oder unbestimmt divergieren). Die Summe sum(a_n,n=n_0..N) heisst N-te Partialsumme. Der Wert der Reihe ist also definiert als Grenzwert der N-ten Partialsummen fuer N->oo. Beispiele: sum(q^n,n=0..oo) = 1/(1-q), falls |q| < 1 (q kann auch negativ sein) sum(q^n,n=0..oo) = oo (bestimmte Divergenz), falls q >= 1 sum(q^n,n=0..oo) divergiert unbestimmt, wenn q <= -1 Man hat jeweils den Grenzwert von (q^(N+1)-1)/(q-1) fuer N->oo zu studieren. Illustration: 1 + 1/2 + 1/4 + 1/8 + ... = 2 /* q = 1/2 */ 1 + 1 + 1 + 1 +... = oo /* q = 1 */ 1 - 1/2 + 1/4 - 1/8 + 1/16 + ... = 2/3 /* q = -1/2 */ 1 - 1 + 1 - 1 + 1 - 1 + ... divergiert unbestimmt Weitere Beispiele: Dezimalbrueche: 3,14159 ... = 3 + 1*1/10 + 4*1/100 + ... sum(d_k*10^(-k),k=0..oo) = x, falls d_k die k-te Dezimalstelle von x:[0,10[ ist. sum(1/k,k=1..oo) = oo (Harmonische Reihe) sum(1/k*(k+1),k=1..oo) = 1 /* Partialsummen bilden Teleskope */ Eine Reihe sum(a_k,k=n..oo) konvergiert absolut, wenn auch die Reihe sum(|a_k|,k=n..oo) konvergiert. Wenn eine Reihe absolut konvergiert, so duerfen ihre Glieder umgeordnet werden. Konvergiert eine Reihe zwar, aber nicht absolut, so kann sich durch Umordnung der Glieder der Grenzwert veraendern, die Umordnung ist also hier im allgemeinen unzulaessig. Beispiel: sum((-1)^(n+1) * 1/n,n=1..oo) = 1 - 1/2 + 1/3 - 1/4 + ... konvergiert (s.u.) aber die Konvergenz ist nicht absolut, denn sum(1/n,n=1..oo) divergiert. Durch Umordnung kann ein beliebiger anderer Grenzwert erreicht werden, z.B. 47: Nimm erst so viele positive Reihenglieder bis man etwas ueber 47 liegt, dann wieder soviele negative, bis man etwas drunterliegt und so weiter. Das geht, weil auch die Reihe der positiven Glieder divergiert und ebenso die der negativen. 1.5 Konvergenzkriterien fuer Reihen ----------------------------------- Majorantenkriterium: Sei sum(c_k,k=n..oo) eine konvergente Reihe mit lauter nichtnegativen Gliedern und gilt |a_k| <= c_k, so konvergiert auch sum(a_k,k=n..oo) absolut. Beispielanwendung: 1/k^2 <= 2/k*(k+1), also konvergiert die Reihe sum(1/k^2,k=1..oo) absolut. Den Wert der Reihe kann man so aber nicht bestimmen, man weiss nur, *dass* es ihn gibt. Zur Information: Es ist sum(1/k^2,k=1..oo)=pi^2/6. Quotientenkriterium: Sei sum(a_k,k=n..oo) eine Reihe und 0 <= q < 1 eine Zahl, sodass gilt: |a_(k+1)/a_k| <= q fuer alle k bis auf endlich viele Ausnahmen am Anfang ("fast ueberall"). Dann konvergiert die Reihe absolut. /* Das Quotientenkriterium ergibt sich aus dem Majorantenkriterium mit der geometrischen Reihe als Majorante */ Beispiel: sum(1/k!,k=1..oo). Es ist k! / (k+1)! = 1/(k+1) <= 1/2 fuer k>0, also konvergiert die Reihe. /* Der Grenzwert ist e=2.71828... */ NB k! = 1*2*3*4*...*k ("k Fakultaet"). Ebenso konvergiert sum(x^k/k!,k=1..oo) absolut fuer alle x:RR. Der Grenzwert ist e^x. ("Exponentialreihe"). Bemerkung: Man kann unmittelbar aus dieser Reihendarstellung beweisen, dass e^(x+y) = e^x*e^y etc. NR: Hier ist |a_(k+1)/a_k| = |x/(k+1)| < 0,99 fuer k gross genug. Erste paar Reihenglieder extra behandeln. Leibnizsches Kriterium: Seien a_k >= 0 und a_k >= a_(k+1) (Folge faellt monoton) und lim(a_k,k->oo) = 0 (Nullfolge). Dann konvergiert die Reihe sum((-1)^k*a_k,k=n..oo). Beispiel: Die Reihe sum((-1)^(k+1)*1/k,k=1..oo) konvergiert. Ueber den Grenzwert macht das Kriterium wie immer keine Aussage. Hier ist er ln(2). Weitere Kriterien: Cauchy-Kriterium, Wurzelkriterium.
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